
EU-Regulatorien im Überblick
Die regulatorische Landschaft in der EU befindet sich im Wandel. Diese Zusammenfassung bietet einen schnellen Überblick über die wichtigsten aktuellen und anstehenden Änderungen im EU-Recht, mit besonderem Fokus auf Anforderungen an PROPAK-Unternehmen in Verpackung, Nachhaltigkeit, Arbeitsrecht und der Kreislaufwirtschaft.
1. EU-Verpackungsverordnung (PPWR)
Die EU-Verpackungsverordnung (PPWR) gilt seit Anfang 2025 und tritt ab 12. August 2026 verbindlich in Kraft. Ziel der Verordnung ist die Förderung wiederverwendbarer und recyclingfähiger Verpackungen durch strengere Vorschriften für Design, Kennzeichnung und Dokumentation. Der Fokus liegt nun auf der Ausarbeitung von delegierten Rechtsakten. Hier die wichtigsten Themen:
- Definition von „Hersteller/Erzeuger“ noch nicht vollständig geklärt; PFAS-Regulierung, Verpackungskennzeichnung und -minimierung.
- Einheitliche Verpackungskennzeichnung gültig ab 12. August 2028. Aktuell arbeitet das Joint Research Center an Leitlinien.
- Standards für recyclingfähiges Design werden durch eine CEN-Arbeitsgruppe erarbeitet (Rechtsakt ab 2028).
- Problematisch: PFAS-Grenzwerte für Lebensmittelverpackungen sind kaum praktisch prüfbar, Lösungsvorschlag der Kommission steht noch aus.
- Konformitätsbewertung und technische Dokumentation (Art. 38/39) werden bereits im August 2026 verbindlich; Details zur Adressierung (Hersteller/Erzeuger) sind noch unklar.
- Ausnahme für Palettenumhüllungen und Umreifungsbänder in Klärung, da eine Studie als unzureichend bewertet wurde.
- Ein neuer Rechtsakt zu gefährlichen Stoffen wird für Mitte 2026 erwartet.
2. EU-Lohntransparenzrichtlinie (Equal Pay Directive)
Diese Richtlinie (EU) 2023/970 ist bereits seit Mai 2023 in Kraft und muss bis 7. Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit soll durch diese Richtlinie verwirklicht werden. Zu beachten ist, dass alle Arbeitgeber des öffentlichen und des privaten Bereichs betroffen sind, es gibt keine Einschränkung des Anwendungsbereichs für KMU. Die Pflichten sind je nach Mitarbeiterzahl gestaffelt und umfassen v.a. ein transparentes Vergütungssystem nach geschlechtsneutralen Kriterien sowie auch Transparenz im Bewerbungsverfahren.
- Arbeitgeber mit >250 Beschäftigten müssen jährlich Lohngefälle offenlegen.
- Beweislast bei Entgeltklagen liegt beim Arbeitgeber, Verstoß kann Schadenersatz auslösen.
- Umsetzung in Österreich: Sozialpartnereinigung läuft, Fokus auf kollektivvertragliche Ebene.
3. Omnibus-Initiativen
Einen massiven Schub für Entbürokratisierung hatte die EU-Kommission bereits im Herbst 2024 angekündigt, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas in den neuen geopolitischen Rahmenbedingungen zu verbessern („Competitiveness Compass“). Ziel der Omnibus-Initiativen ist es, Unternehmen durch die Befreiung von übermäßiger Regulatorik und bürokratischem Aufwand zu entlasten, und zwar mit einem horizontalen Zugang (betreffend mehrere Regelungswerke). Europäische Unternehmen sollen generell 25 Prozent weniger bürokratische Verpflichtungen erfüllen müssen, KMU sogar 35 Prozent.
Omnibus I: Nachhaltigkeitsberichterstattung und Lieferkettengesetz
CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive), CBAM (Carbon Borger Adjustement Dirctive), und Taxonomie
Inhaltliche Änderungsvorschläge des Omnibus I-Pakets befinden sich noch im legislativen Prozess. Ein zentraler Teil – die Verschiebung der Anwendungspflichten („Stop the clock-Richtlinie“) – wurde im April 2025 mit großer Mehrheit von EU-Parlament und Rat gebilligt. Der Rest der Initiative ist noch in Verhandlung.
- CSRD-Berichtspflicht für große Unternehmen verschoben. Nach dem Kommissionsvorschlag sollten künftig nur Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten berichtspflichtig sein. Die Berichtspflichten für die Wellen 2 und 3 sollen um ein bis zwei Jahre verschoben werden, von 2026 auf 2028.
- Konzernprivileg erleichtert Berichtspflichten für Tochterunternehmen.
- Nationaler Gesetzesentwurf für CSRD (NaBeG) in Österreich ist noch ausständig.
- Bei CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive): Umsetzungsfristen auf Juli 2027 verschoben, Verschiebung der Sorgfaltspflichten für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten auf Juli 2028.
- Zeitabstand zwischen 2 Bewertungen wird von 1 auf 5 Jahre verlängert
- Verringerung des "Dominoeffektes": Unternehmen, die berichtspflichtig nach der CSDDD sind, dürfen bei kleineren Geschäftspartnern nur noch die Informationen des freiwilligen VSME-Standards anfordern.
4. Entwaldungsverordnung (EUDR)
Die EU-Entwaldungsverordnung wurde Mitte 2023 verabschiedet. Das In-Kraft-Treten nach massiven Protesten wurde um ein Jahr auf den 30. Dezember 2025 verschoben. Mittlerweile hat die EU-Kommission Leitlinien überarbeitet und im Sommer ein Benchmarking für die Risikoeinstufung von Staaten veröffentlicht. Das Informationssystem TRACES ist mittlerweile online. Das österreichische Ministerium für Landwirtschaft (BMLUK) hat einen Zugang programmiert, der kleinen Anwendern, z.B.: Forstwirten, eine einfache Handhabung ermöglichen soll. Aktuell arbeiten Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium an einem Durchführungsgesetz für die Entwaldungsverordnung, da die Verpflichtungen für die nationalen Behörden mit Ende des Jahres 2025 plangemäß in Kraft treten sollen. Recycling-Produkte und somit auch der Altpapier-Anteil sind vom Anwendungsbereich ausgenommen, nicht aber jeglicher Anteil an Frischfaser. Nach wie vor bestehen zahlreiche Unklarheiten über die Verpflichtungen von KMUs. Insgesamt ist die Lage auf europäischer Ebene schwer einzuschätzen, da gewichtige Stimmen ein nochmaliges "Aufschnüren" des fertigen Pakets samt weitreichenden Änderungen fordern.
5. Green Claims-Richtlinie
Dieser Richtlinien-Vorschlag legt Anforderungen für die Nachweisbarkeit (freiwilliger) umweltbezogener Behauptungen über Produkte oder Unternehmen in der Kommunikation mit Endkonsumenten fest. Unternehmen sollen verpflichtet werden, verifizierte Informationen zu den Umweltaussagen ihrer Produkte oder Dienstleistungen bereitzustellen. Der Vorschlag entspringt dem langjährigen Bestreben der EU-Kommission, den Konsument:innen mehr Orientierung beim Einkauf zu geben. Der Anwendungsbereich ist eingeschränkt auf B2C. Der Vorschlag befand sich auf EU-Ebene bereits im Trilog, jedoch haben die jüngsten politischen Entwicklungen die Kommission dazu bewogen, ihre strategischen Prioritäten zu überdenken. Kurz vor Abschluss der Trilogverhandlungen im Juni 2025 kündigte die EU-Kommission an, den Richtlinien-Vorschlag gänzlich zurückzuziehen. Die weitere Vorgangsweise ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar.
6. Circular Economy Act
Die Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft wurde als Teil des Clean Industrial Deals angekündigt, eine Veröffentlichung durch die EU-Kommission wird für Ende 2026 erwartet. Folgende Zielsetzungen wurden kommuniziert:
- Steigerung der Nachfrage nach Recyclingmaterialien
- Harmonisierung EPR-Systeme, neue Abfallende-Kriterien, Investitionen in Recycling-Infrastruktur.
- Öffentliche Konsultation fand statt, weitere Ausarbeitung läuft.
7. Single Market Strategy
Im Mai 2025 präsentierte die EU-Kommission eine Strategie zur Neubelebung des Binnenmarktes. Diese neue Strategie enthält über 50 Vorschläge mit dem Ziel, Unternehmen den Handel im Binnenmarkt zu erleichtern, und zwar insbesondere für KMU. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Abbau von Barrieren, der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Förderung des Wachstums. Auch fehlende Standards zur Digitalisierung will man angehen. Bedeutsam für die gesamte Verpackungsbranche ist, dass die neue Binnenmarktstrategie fragmentierte Vorschriften für Verpackungen und Verpackungskennzeichnung als eines der zehn größten Hindernisse für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr in der EU identifiziert. Durch die Maßnahmen sollen jährlich Verwaltungskosten für Unternehmen um 400 Mio. Euro gesenkt werden. Im letzten Quartal 2025 soll ein Vorschlag für einen Omnibus-Text vorgelegt werden, um die Berichtspflichten im Rahmen der EPR-Systeme zu reduzieren und ihre Häufigkeit zu begrenzen.
Die Vielzahl und Komplexität der neuen Regelungen erfordern eine sorgfältige Vorbereitung und ständige Aufmerksamkeit seitens der Unternehmen. Besonders hervorzuheben sind die neuen Anforderungen an die Verpackungskonformität sowie die harmonisierten Kennzeichnungsvorgaben. Die genaue nationale Umsetzung und Anpassungen bleiben abzuwarten.
Erstellt von MMag. Katrin Seelmann, Stv. Geschäftsführerin PROPAK
Kontakt: seelmann@propak.at